Coronavirus und Quarantäne mit ihren arbeitsrechtlichen Folgen
Coronavirus und Quarantäne mit ihren arbeitsrechtlichen Folgen
Der Coronavirus ist in aller Munde. Oftmals bleibt jedoch die Ungewissheit, wie die Auswirkungen für den einzelnen Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber sind. Vor diesem Hintergrund wird auf einzelne Fragen im Folgenden kurz eingegangen:
Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitnehmer nicht der Arbeit fernbleiben darf, weil er Angst vor einer Ansteckung hat.
- Wie verhalte ich mich bei einem Verdachtsfall?
Auch ein vager Verdachtsfall ist nicht ausreichend um eigenmächtig der Arbeit fern zu bleiben. In der Regel wird jedoch der Kollege bereits von der Arbeit freigestellt und nach Hause geschickt worden sein, bis das Testergebnis vorliegt. Der Arbeitgeber kommt hierdurch seiner Führsorgepflicht nach.
- Wie verhalte ich mich bei einem infizierten Kollegen?
Sofern sich der Verdacht im Nachhinein bestätigt, meldet sich das Gesundheitsamt zu Wort. Die Folge ist, dass das Amt den Gesundheitszustand für maximal 14 Tage in häuslicher Quarantäne beobachten wird. Es wird sich täglich bei den betroffenen Arbeitnehmern melden, um rasch handeln zu können, sofern die Symptome auftreten.
- Was ist zu tun, wenn man sich krank fühlt?
Im Falle von Husten, Atemnot oder leichtem Fieber muss dies umgehend dem Arbeitgeber gemeldet werden und das weitere Vorgehen abgestimmt werden. Ebenfalls soll ein Arzt konsultiert werden.
Hierbei gilt seit neuestem, dass für die Krankschreibung kein persönliches Aufsuchen der Arztpraxis mehr erforderlich ist. Ein Telefonat genügt. Der Arzt darf den Arbeitnehmer auf diesem Weg bis zu 7 Tage krankschreiben.
- Was passiert, wenn der Arbeitgeber kurzfristig den Betrieb einstellt und hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung?
Grundsätzlich bleibt ein Anspruch auf Vergütung bestehen, denn das Betriebsrisiko trägt der Arbeitgeber.
Hierbei ist zu beachten, dass die Regelungen über die Kurzarbeit und des Kurzarbeitergeldes eine Betriebseinstellung bzw. teilweisen Einstellung entgegenwirken können. Dies bedarf im Einzelfall einer genauen Überprüfung, ob unter den notwendigen Voraussetzungen und Gegebenheiten das Kurzarbeitergeld in Betracht kommt.
- Gibt es Lohnzahlungsansprüche, wenn die Betriebsschließung durch die Behörde angeordnet wurde?
In den Fällen, in denen die Behörden wegen eines Coronavirus Betriebe z.B. auf der Grundlage des § 28 Abs.1 S.1, 2 IfSG schließen lässt, muss der Arbeitgeber grundsätzlich den Arbeitnehmern ihr Entgelt weiterzahlen. Diese Maßnahmen liegen im Betriebsrisiko des Arbeitgebers.
Aber:
- Der Arbeitgeber kann hier unter Umständen durch die Möglichkeit der Beantragung des Kurzarbeitergeldes bei der Bundesagentur für Arbeit entgegensteuern. Ob ein Anspruch hierauf besteht, muss im Einzelfall genau geprüft werden.
- Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich das Betriebsrisiko infolge behördlicher Maßnahmen, wenn dieses Risiko im Betrieb durch dessen besondere Art angelegt gewesen war. Bspw. Hochschulen, Kitas, Schulen, allgemein zugängliche öffentliche Verwaltungen, Messen, Kaufhäusern usw.
Aufgrund der Tatsache, dass es auf die Eigenart der Betriebe ankommt, ist es dringend angeraten, in jedem Fall einen Entschädigungsanspruch gem. § 56 IfSG von Seiten des Arbeitgebers bzw. des Arbeitnehmers geltend zu machen, um die Möglichkeit einer Risikobegrenzung zu erhalten. Gem. § 56 Abs.12 IfSG ist hier ebenfalls die Beantragung eines Vorschusses denkbar.
Die grundsätzliche Anwendung des § 56 IfSG ist jedoch auch unter Juristen umstritten.
- Wer zahlt das Gehalt des Arbeitnehmers, wenn dieser in Quarantäne muss?
Sofern ein Arbeitnehmer selbst erkrankt, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EntgFG für 6 Wochen. Voraussetzung hierfür jedoch ist, dass das Arbeitsverhältnis länger als 4 Wochen bestanden hat. Sollte der Staat den betroffenen Arbeitnehmer unter Quarantäne stellen, muss entweder der Arbeitgeber nach § 616 BGB bei einem zeitlich kurzen Ausfall die Vergütung weiterzahlen oder sofern der Arbeitgeber nicht zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet ist, entsteht ein Entschädigungsanspruch gem. § 56 IfSG. Hierbei ist zu beachten, dass § 616 BGB sowohl tarif- als auch individualvertraglich ausgeschlossen werden kann.
Für den praktischen Ablauf wird der Arbeitgeber für den ausfallenden Zeitraum den Lohn weiterzahlen und im Nachhinein die Erstattung über einen Antrag gem. § 56 Abs. 11 IfSG bei der zuständigen Behörde stellen. Zu beachten ist hierbei, dass dieser Antrag binnen 3 Monaten „nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung“ zu stellen ist.
- Wie verhält sich die Lohnzahlung, wenn ein Arbeitnehmer/in „nur“ unter einem Infektionsverdacht steht?
Sofern ein Infektionsverdacht besteht und die Behörde ein Beschäftigungsverbot anordnet, gibt es keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Lohnfortzahlung. Es bleibt der Entschädigungsanspruch gem. § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz und somit bei den vorherigen Darstellungen.
- Haben auch Selbstständige Anspruch auf Entschädigung?
56 IfSG schließt Selbstständige mit ein, sodass auch diese einen Anspruch auf Entschädigung haben.
- Wer kümmert sich um die Kinder, wenn die Schule schließen muss?
Sofern ein Corona-Verdacht in der Schule oder einer KiTa aufgetreten ist und diese in der Folge geschlossen werden muss, haben sich die Eltern selbst um die Betreuung ihrer Kinder zu kümmern. Sollte ein Ausschluss des § 616 BGB im Tarifvertrag oder im Arbeitsvertrag nicht geregelt sein, erhalten Arbeitnehmer ihr Gehalt durch den Arbeitgeber weiter.
Eine mögliche Umgehung des Problems ist die Einrichtung eines Home-Office Arbeitsplatzes oder der Abbau von Überstunden. In jedem Fall sollte hierbei eine Rücksprache mit dem Arbeitgeber erfolgen.
- Was passiert, wenn das eigene Kind am Corona-Virus erkrankt ist?
Sofern das Kind selbst unter Quarantäne gestellt ist aufgrund einer akuten Corona Erkrankung, haben die entsprechenden Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Kinderkrankengeld § 45 SGB V, sobald sie sich um ihr Kind kümmern müssen. Hinzu kommt jedoch, dass höchstwahrscheinlich der Arbeitnehmer selbst ebenfalls unter Quarantäne stehen wird, sodass auf die obigen Angaben verwiesen werden kann.
- Wie muss sich verhalten werden, wenn die Schulen und Kitas vorsorglich geschlossen werden?
Hierbei gilt keine Besonderheit. Es verbleibt bei kurzfristigen Ausfällen bei § 616 BGB, sofern dies nicht tarif- oder arbeitsvertraglich ausgeschlossen worden ist. Eltern müssen sich bemühen eine entsprechende Unterbringung für ihr Kind zu finden. Auf längere Sicht müssen Möglichkeiten wie bezahlter / unbezahlter Urlaub oder Home-Office in Betracht gezogen werden. Einen generellen Anspruch auf einen Home-Office Arbeitsplatz besteht jedoch nicht. Hinzukommt, dass eine Vielzahl an Tätigkeiten ungeeignet sein werden, um diese im Home-Office erledigen zu können.
In jedem Fall muss der Arbeitgeber zu Rate gezogen werden.